Natalie O.
Natalie O. studiert derzeit Psychologie. Momentan befindet sie sich bereits in der Endphase und wird bald ihren Bachelor of Science in der Tasche haben. Was sie rückblickend über ihr Studium sagen kann, lesen Sie hier.
Was hat bei dir den entscheidenden Anstoß dazu gegeben, Psychologie zu studieren?
Einen richtigen „entscheidenden“ Anstoß gab es eigentlich nicht. Ich fand Psychologie schon immer irgendwie spannend und habe mich daher nach dem Abi für viele Universitäten beworben und wurde zum Glück direkt genommen.
Läuft bisher alles so, wie du es dir vorgestellt hast, oder gab es Überraschungen? Rückschläge oder Highlights? Zum Beispiel kompliziertere Inhalte als erwartet?
Es läuft im Großen und Ganzen soweit alles, wie erwartet. Großartige Überraschungen gab es bisher für mich nicht wirklich. Wenn man sich vorher informiert (Internet, Fachschaften der jeweiligen Unis, Studienberatung etc.) weiß man viel von dem, was auf einen zukommt.
Was ich recht spannend fand, war die unvorhergesehene Bandbreite an Anwendungsfächern der Psychologie: Umweltpsychologie, Rechtspsychologie, Verkehrspsychologie waren mir vor dem Studium gar nicht bekannt… Des Weiteren gibt es Arbeitspsychologie, Pädagogische Psychologie, Neuropsychologie und natürlich die Klinische Psychologie. Des Weiteren hat man ggf. viele Gastvorträge von Psychologen, die an der gleichen Uni studiert haben – das vermittelt einem einen realistischen und meistens positiven Eindruck von der Arbeit in der realen Welt. Ebenso bietet die eine oder andere Uni Orientierungsseminare an, in denen man sich einen Eindruck von der Fülle der Arbeitsmöglichkeiten als studierter Psychologe kriegt. Worauf man sich definitiv einstellen sollte, wäre die Bereitschaft, Dinge selbstständig zu lernen, Statistik und viel Englisch. Kompliziertere Inhalte gibt es immer mal wieder – aber es ist wirklich alles machbar!
Apropos Inhalte: Sind für dein Studium Vorkenntnisse wichtig oder sollte man im Abi in einzelnen Fächern besonders gut gewesen sein, um das Studium zu schaffen?
Vorkenntnisse sind auf jeden Fall in den Fächern Mathe, Englisch und Bio ganz gut- allerdings sollte man sich nicht darauf ausruhen, da man schon ne Menge für das Studium tun muss.
Egal, an welcher Uni ihr studieren werdet: Ihr werdet leider nicht drumherum kommen, Statistik zu lernen. Ich selbst habe Statistik im Mathe LK nie verstanden, die Prüfung jedoch direkt beim ersten Anlauf ohne Probleme mit einer 2 bestanden.
Englisch braucht man, weil viel von der Literatur auf English geschrieben wird – aber man gewöhnt sich nach recht kurzer Zeit daran, auf Englisch zu lesen.
Um es kurz zu machen: Man ist nicht automatisch benachteiligt, wenn man die Fächer nicht im Abi hatte. Eine kleine Hilfe ist es aber schon.
Gibt es Punkte, die du am Psychologie-Bachelorstudium für verbesserungswürdig hältst?
Ja, eine Garantie für einen Master Platz sowie eine Lockerung der ganzen Module, die man abschließen muss – es ist schade, wenn man sich so durch das Studium hetzen muss und es gar nicht wirklich genießen kann.
Wie sieht es mit der Arbeitslast aus – leidet die Freizeit darunter oder vereinnahmt das Studium dich nicht allzu sehr?
Ein ganz klares Jaein: Je nachdem, wie man sich die Arbeit für die Uni organisiert, kriegt man vieles unter einen Hut. Ich habe immer neben dem Studium gearbeitet und fuhr 3 von 4 Wochenenden in meine um 200km weit gelegene Heimatstadt – dennoch ist es machbar, auch gute Noten zu schreiben.
Ich habe auch schon mehrmals den Fehler gemacht, erst kurz vor den Klausuren anfangen zu lernen – dann leider die Freizeit natürlich massiv darunter 😉 Das Gute am Studium ist, dass man bei den meisten Unis zumindest ein wenig Flexibilität hat, sodass man sich die Zeit einteilen kann und im Endeffekt auch selbst dafür verantwortlich ist, wenn man keine / viel Zeit hat.
Psychologiestudenten – egal welcher Richtung – wird nachgesagt, alles und jeden zu analysieren. Bemerkst du das auch an dir, seit du Psychologie studierst?
Ich würde behaupten, dass es andere Schwerpunkte im Studium der Psychologie gibt, als „Menschen zu analysieren“. Es ist nicht so, dass man mit einem abgeschlossenen Studium sich einen Menschen anschaut und direkt weiß, wie er tickt – rein vom Aussehen her. Darum geht es gar nicht. Das kann man hobbymäßig nebenbei „lernen“ (wenn es den überhaupt möglich ist;)) und braucht dafür nicht Psychologie zu studieren. Der Gedanke, dass man rein vom Äußeren aufs Innere eines Menschens schließen kann, gilt längst für nicht tragbar- zumindest ist die Einschätzung nicht zuverlässig.
Spielst du mit dem Gedanken, noch deinen Master zu machen?
Ein Master ist meiner Meinung nach unumgänglich, wenn man in einem Beruf arbeiten möchte, der wirklich mit Psychologie zu tun hat – ein Bachelor ist ohne vorherige berufliche Qualifikation leider noch zu wenig anerkannt, um damit alleine einen passenden Job zu finden – sei es in der Klinischen / Pädagogischen / Arbeitspsychologie. Unabhängig davon habe ich aber auch noch nicht das Gefühl, tiefergehendes Wissen über bestimmte Inhalte zu haben. Man hat im Bachelor viel an der Oberfläche kennengelernt, sodass man für sich selbst entscheiden konnte, ob man es selbstständig vertieft, oder nicht. Im Master Studium kommen ja auch erst die Vertiefung in 1-3 Fächer, das macht das Ganze doch erst spannend.
Hast du dir schon überlegt, was und wo du nach dem Studium arbeiten möchtest? Oder sammelst du schon parallel Praxiserfahrung?
Je nach Uni hat man im Studium Pflichtpraktika, die Bestandteil des Studiums sind. Das ist eine sehr gute Möglichkeit um, auszutesten, ob bestimmte Berufsfelder etwas für einen sind. Unabhängig davon kann man auch selbstständig Praktika absolvieren – allerdings ist im Bachelor da sehr wenig Zeit für. Ich persönlich hab an einem Projekt an der Uni mitgearbeitet und mein derzeitiger Werkstudentenjob gibt mir auch Einblick in einen Bereich der Psychologie. Meine persönliche Meinung ist, dass man nicht in die Situation kommt, dass man nach dem Studium mit keinem der Vertiefungsfächer etwas anfangen kann und daher keine Ahnung hat, was man machen könnte. Vielmehr ist es glaub ich bei den meisten so, dass man viele Fächer spannend findet und mehrere Felder in Betracht zieht. Im Einzelfall ist es möglich, auch schon vor dem Studium Praktika in der Psychologie zu absolvieren – da kann man sich an die jeweiligen Arbeitseinheiten der Uni wenden oder an Kliniken oder oder oder…